Krafttiere - Bist du wirklich, was du glaubst zu sein?
Ich kann die Menge der Leute garnicht überblicken, die mich
schon über dieses oder jenes Krafttier befragt haben, wie
diese Krafttiere denn ihr Leben beeinflussen würden oder
wie diese Tierführer ihnen auf ihrem Weg geholfen hätten.
Das ist eigentlich nicht wirklich unüblich; die Arbeit eines
Schamanen hat sehr viel mit Krafttieren zu tun, mit ihrer Befragung
und der Kommunikation mit ihnen.
Aber was mich erstaunt und amüsiert ist, wieviele Leute ich
sagen höre: "Ich habe einen Wolf als Krafttier"
oder "Ich bin ein Bär" oder "Der Adler ist
mein Geistführer". Versteht mich nicht falsch, das alles
sind sehr gute und starke Krafttiere, mit sehr guter Medizin aber
aus der Perspektive eines Tsalagi Schamanen, ist das alle ein
wenig belustigend.
Springt nicht auf den Zug auf
Auf all meinen Reisen und bei all den verschiedenen Menschen,
die ich kennen gelernt habe, kann ich ehrlich sagen, dass dabei
genau zwei "Bären", ein "Adler" und drei
"Wölfe" waren. Ich habe viel mehr Leute getroffen,
die aus dem einen oder anderen Grund zu denken schienen, daß
sie diese Tiere wären oder sie als Totemtier hätten.
Aber eigentlich waren sie Welten entfernt von diesen Wesen. Die
Massenmedien, Filme, Bücher, etc haben das populäre
Bild gezeichnet, dass gerade diese Krafttiere "cool"
oder besser als andere wären. Deshalb schätze ich, dass
es nur natürlich ist, wenn jemand der mit dem schamanischen
Weg beginnt, sich vielleicht wünscht oder sich danach sehnt,
genau so ein Krafttier zu haben - weil es einfach so stereotyp
erscheint. Nicht zuletzt, wie oft haben wir in Filmen oder Büchern
den Schamanen gesehen, der in ein Wolfsfell gekleidet oder ausgefeilt
als Bär verkleidet war? Obwohl es wahr ist, dass der Schamane
sich oftmals an diese kraftvollen Wesen wendet oder ihre Medizin
sucht, ist es doch eine vollkommen andere Geschichte sie als Krafttier
zu haben.
Wer sucht sich hier wen aus?
Ein häufiges Missverständnis beim Thema Krafttier ist
es, daß man sich irgendwie das Totemtier, welches man haben
möchte, aussuchen könne - einfach, wie sich bei McDonald´s
etwas aus der Speisekarte bestellt. Tatsächlich funktioniert
es genau umgekehrt. Das Krafttier wird nicht vom Menschen, sondern
der Mensch wird vom Krafttier ausgesucht. Der einzelne kann hoffen
und beten, daß er ein Wolf ist, aber wenn der Wolf sich
genau diesen einzelnen nicht aussucht, ratet mal, was dann passiert?
Dann bist Du kein Wolf! Es ist einfach, manchmal verwirrt zu werden,
weil in Träumen oder Visionen Krafttiere vorkommen, eben
wie der Wolf oder der Bär. Dann wird gefolgert, daß
diese Wesen auch das persönliche Krafttier sein müssten.
In den meisten Fällen haben sich die Totems aber diesem Menschen
nur gezeigt um ihm etwas von ihrer Medizin beizubringen oder um
ihm Führung oder Schutz für einen bestimmten Lebensabschnitt
anzubieten. Das alles ist aber nicht dasselbe, als sie als persönliches
Krafttier zu haben. Unglücklicherweise schließen eben
viele Menschen von einem einzigen Traum oder einer einzigen Vision
ausgehend darauf, dass sie ein Wolf sein müssten, weil sie
in ihrem Traum einen Wolf gesehen haben. In der Zwischenzeit versucht
aber ihr tatsächliches Krafttier mit ihnen in Kontakt zu
kommen, wird aber nicht wahr genommen. Das für sich allein
kann schon einen tragische Sache sein, denn obwohl Krafttiere
im allgemeinen sehr geduldig sind, können sie aber auch,
genauso wie wir, frustriert werden. Deshalb wird sich also jemand,
der einen anderen Weg einschlägt als den vom Krafttier gewählten,
sich oftmals im Nirgends wiederfinden und sich mehr verloren als
gefunden fühlen.
Halt den Mund und hör zu
Oft sind alle Zeichen rund um dich vorhanden, aber du siehst sie
nicht. Die Krafttiere die wir haben, kommunizieren mit uns auf
einer beständigen Ebene. Wir brauchen nur ruhig zu sein und
zuzuhören. Für den Anfänger ist es sicher eine
Herausforderung, nicht aufgeregt oder ängstlich zu sein,
denn es ist allen Ernstes eine sehr aufregende und atemberaubende
Erfahrung seine ersten Schritte auf dem schamanischen Weg zu wagen.
Einer der Knackpunkte die den Schamanen vom schamanisch Praktizierenden
unterscheiden, ist die Fähigkeit sich selbst zu beruhigen
und zuzuhören. Großvater sagte mir einmal: "Glaubst
du allen Ernstes, daß du Antworten bekommen wirst, wenn
du ununterbrochen Fragen stellst?" Klarerweise erklärte
er mir seine Frage nicht näher - er erwartete von mir, dass
ich verstand und herausfand was das zu bedeuten hatte. Das Konzept
selbst ist mehr als einfach - wenn du ständig fragst, dann
hörst du die Antworten nicht. Wenn du Antworten auf deine
Fragen willst, dann solltest du ruhig sein und auch zuhören.
Wenn du dich selbst beruhigt hast, dann erst kannst du anfangen
zu hören, was das Krafttier dir sagt.
Ist die Größe wirklich wichtig?
Es ist eine übliche Praktik, die menschliche Tendenz zu denken,
dass große Tiere auch gleich große Medizin wären.
Vielleicht rührt das daher, weil viele Menschen die Anderswelt
mit dem Denken der materiellen Welt betreten. Haltet mal einen
Moment inne und überlegt euch: Denkt ihr wirklich, daß
Größe, Geschwindigkeit oder Stärke in der materiellen
Welt tatsächlich irgendeinen Effekt auf Dinge in der Anderswelt
hätte? Zusätzlich, wenn ihr innehaltet um die Theorie
des kollektiven Bewußtseins einzubinden, die besagt, daß
ein Krafttier eine spirituelle Manifestation der kollektiven Energien
aller einzelnen Tiere einer bestimmten Spezies ist (Als Beispiel:
Hirsch als Totem, ist die kollektive Energie jeglichen Rotwildes
auf unserem Planeten), welches Krafttier wäre dann am "stärksten"?
Wahrscheinlich hat es mit Stolz zu tun oder mit Ego, dass einzelne
eine Tendenz aufweisen sich den großen Tieren zuzuwenden.
Unter den Tsalagi (und wie ich gelernt habe, auch bei vielen anderen
amerikanisch indianischen Völkern), wird es oftmals als unglückseelig
angesehen, wenn man so ein großes Tier als Krafttier akzeptieren
muß. Der Grund dafür (und ich weiß, dass wenn
ich das nun sage, ich damit einige Unruhe stiften werde) ist,
dass man glaubt, dass die großen Tiere zu jenen kommen würden,
die größere Schwierigkeiten damit hätten, ruhig
zu sein, sich selbst zu beruhigen und zuzuhören. Nun, da
ich einigen Leuten garantiert ein wenig auf die Zehen getreten
bin, möchte ich gerne auf einige Fakten hinweisen, über
die sich manche nicht im Klaren sind: Crazy Horse, der von vielen
als großer Krieger und Anführer angesehen wird, war
ebenso ein tief spiritueller Mensch. Sein Krafttier, von dem er
sehr stolz und oft sprach war die Chickadee (Ich glaube, das wird
mit Meise übersetzt). Der große Sioux Führer Sitting
Bull war bekannt dafür den Monarchfalter als Haupttotem zu
haben. Mein Großvater, vom dem ich so liebevoll spreche,
war sehr stolz auf sein Krafttier, die Libelle. Ich zweifle daran,
dass viele Leute diese als "Große Tiere" bezeichnen
würden, aber diese Totems sind dafür bekannt große
Medizin zu haben und es benötigt außerordentliche Persönlichkeiten,
um sich so zu beruhigen damit diese Tiere gehört werden können,
wenn sie sprechen. Da heißt nun nicht, daß eine Person
wegen der Größe der Krafttieres mehr oder weniger spirituell
ist, aber es liefert doch einiges an Nahrung für Gedanken.
Ich habe das Gefühl, daß ich auch klarstellen sollte,
daß obwohl es eben oft als unglücklich betrachtet wird,
wenn jemand ein großes und lautes Krafttier hat, aber alles
hängt wirklich vom einzelnen ab. Es gibt Menschen die haben
genau diese Tiere aus ganz bestimmten Gründen, weil sie es
einfach sind und nicht weil sie die leiseren Stimmen nicht hören
könnten. Andere wieder (was deutlich an ihrer Persönlichkeit
und ihrem Verhalten merkbar ist) können außer den lauten
Stimmen absolut nichts hören. Schlußendlich hängt
es vom Individuum ab und wie jeder mit den Spirits interagiert,
sowohl generell als auch spezifisch. Das legt fest, ob jemand
glücklich oder unglücklich ist. Wenn ihr, die Leser,
Zweifel habt, ganz ehrlich gesagt, dann schaut einfach tief in
euch selbst hinein und die Chancen stehen gut, dass ihr dort die
Antworten finden werdet.
Gründe, Zeiten und Leben
In fast dem ganzen Artikel habe ich mich nun mit Menschen befasst,
die ein Krafttier haben. Während es wahr ist, dass jeder
ein Krafttier hat (ob das nun bemerkt wird oder nicht), gibt es
nichts, das vorschreiben würde, dass der einzelne nur eines
haben kann. Für den Anfänger empfehle ich, zu einer
bestimmten Zeit besonders mit einem Totem verbunden zu sein und
von dort weg dann die Arbeit mit anderen Tiermedizinen zu versuchen.
Aber wieder ist es eine Entscheidung, die jeder für sich
selbst treffen muß.
In der Tradition der Tsalagi heißt es, dass jeder von einem
Haupttotem ausgesucht wird. Wenn diese Person nun wächst
und sich spirituell entwickelt, dann tauchen immer mehr Krafttiere
auf. Diese anderen Totems können aus vielen Gründen
kommen. Es kann sein, dass ein bestimmtes Bedürfnis besteht
und ein passendes Totemtier kommt um seine Medizin zu lehren oder
seine Hilfe bei bestimmten Dingen zur Verfügung zu stellen.
Zu anderen Zeiten wird ein Krafftier für eine bestimmte Zeitspanne
kommen, um mit einer Person wärend eines Lebensabschnittes
zu arbeiten. Wieder zu anderen Zeiten mag ein bestimmtes Krafttier
beschließen ein Leben lang bei jemandem zu bleiben. Krafttiere
kommen und gehen, wie es ihnen beliebt. Generell gesprochen, sind
sie aber gewillt hilfreiche Verbündete zu sein, solange man
sie nicht beleidigt und man kann sie immer rufen, wenn man sie
braucht. Wenn ich persönlich Andersweltreisen mache, dann
muß ich für andere manchmal wie ein wandelnder Zoo
aussehen, mit all den verschiedenen Krafttieren, die mich begleiten.
Dann gibt es wieder andere Zeiten, zu denen ich allein erscheine.
Unterschiedliche Umstände erfordern unterschiedliche Krafttiere.
So ist die Natur der Dinge.
Mögen eure Herzen offen sein um zuzuhören
wenn euch die Krafttiere begleiten auf eurem gewählten Weg
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