Die vier Richtungen und der Kreis der Medizin
Am Anfang bevor noch Menschen oder Tiere, Bäume oder Blumen,
Felsen oder Steine auf der Erde waren, existierte nur ein tiefes,
dunkles Meer, welches auf reiner Energie wogte. Langsam wurde
es überfüllt mit all den verschiedenen Geistwesen im
Galvlati, dem Himmelsgewölbe oder dem verehrten,
jenseitigen Platz, deshalb traf sich der Große Unethlanah,
der eine, der alle Dinge in Balance erschafft mit
den anderen Geistwesen, um Rat zu halten, was denn getan werden
solle.
Es wurde beschlossen, dass Elohi, die Erdenmutter,
ihr geistiges Leben mit dem befruchten würde, was darunter
war, damit die Geistwesen körperliche Formen annehmen und
so außerhalb von Galvlati leben könnten. Das tat sie
unter der Bedingung, dass diejenigen, welche von Galvlati herabsteigen
würden, ihr den heiligen Eid schwören würden, sie
zu schützen, auf sie zu achten und sie mit Gesängen
und Tänzen zu ehren. Alle stimmten zu.
So stieg sie herab und wurde die Erde. An ihren Knöcheln
und Handgelenken waren starke Schnüre befestigt, die sie
mit Galvlati verbanden und sie davor bewahrten in den Mahlstrom
der Energie zu fallen. Man sagt, dass wenn die Menschen für
Generationen in Schlaf fallen, die Gebete, Gesänge und Tänze
vergessen - vergessen, dass sie versprachen, die Mutter, die ihnen
das Leben ermöglicht hat, zu ehren und zu schützen -
diese Schnüre schwach werden und reißen würden.
Alles falle dann in sich zusammen, hinunter in den Mahlstrom und
würde dort zerstört. Die Erde existiere nicht mehr.
Diese Schnüre kennen wir als die vier Richtungen, Süden,
Westen, Norden und Osten. So war das, als die Erde geschaffen
wurde und als ein Geistwesen körperliche Formen annahm, damit
andere Geistwesen einen Platz für die stoffliche Existenz
erhalten konnten.
Die vier Himmelsrichtungen, wie wir sie heute nennen, waren auch
als die Schnüre des Lebens bekannt. Jede Schnur
oder Richtung hat ihre eigene Energie oder Nvwati Medizin.
Diese können und sollen wir erkunden, erfahren und kennen
lernen, um in Balance und ganz zu sein. Manche Menschen
mögen mehr Anziehung oder Abstoßung zu einer der Richtungen
empfinden, oder mögen sich genau zwischen zwei Richtungen
sehen. Das ist natürlich - wir alle sind einzigartige und
eigenständige Wesen. Wichtig ist es nur, irgendwo innerhalb
des Rades zu beginnen und sich nicht als außenstehend zu
empfinden.
Die vier Himmelsrichtungen Süden, Wesen, Norden und Osten
repräsentieren im Uhrzeigersinn die Spirale des Lebens, die
Energien, die unser Leben beeinflussen. Im Zentrum des Rades befindet
sich das Atsila Galvkawetiyu, das heilige Feuer oder
das Ahnenfeuer. Dieses ist die Universalenergie, zusammengesetzt
aus allem was war, allem was ist und allem was je sein wird. Von
diesem Zentrum aus, bewegt sich das Rad nach außen in die
Unendlichkeit - wie die konzentrischen Kreise eines Steins, der
in einen See geworfen wird. Alles beginnt im Zentrum, mit dem
Alles was ist und bewegt sich dann nach außen
und rund um das Medizinrad.
Die Richtung des Südens, ist der Pfad der Natur und der
Naturmedizin, wo das Geistwesen körperliche Formen annimmt.
Die zugehörige Farbe ist Weiß, für die Reinheit
oder Grün, für die Pflanzen. Im Lebenszyklus steht diese
Richtung für die Kindheit und frühe Jugend. Wenn der
Geist in die materielle Form geboren wird, dann beginnt das Leben
im Zentrum, bewegt sich weiter durch die Donner des Ostens, wo
er Stärkung durch Gute Medizin erhält und
im Süden, rein und unschuldig, wird er dann in die materielle
Welt geboren.
Die Medizin des Südens beinhaltet das Lernen (oder besser,
das wieder Erlernen) von Reinheit und Unschuld, die Entspannung,
das Finden von Frieden, das Pflegen seiner selbst und von anderen
und die Pflanzenmedizin.
Die Richtung des Westens, ist der Pfad des Körperlichen
und die Richtung von Wudeliguhi, des sich verfinsternden
Landes. Die Farbe, die hiermit assoziiert wird, ist Schwarz.
Im Lebensrad, stellt diese Richtung die Phase des Erwachsenwerdens
und des jungen Erwachsenen dar. Hier gilt es zu lernen, wie die
körperlichen Gaben am besten einzusetzen sind. Dieser Pfad
lehrt Durchhaltevermögen, Selbstprüfung, körperliche
Schönheit und Wettstreit. Mit diesem Pfad kommen auch das
Wissen um die Balance zwischen dem Leben und dem Leben nach dem
Tod, die Anerkennung der Lektionen, die wir zu lernen haben und
das Wissen um die Dinge, welche wir in diesem Leben tun können
um uns selbst und anderen zu helfen. Die Medizin des Westens beschäftigt
sich mit dem Erlernen und Verstehen der Balance.
Die Richtung des Nordens, ist der Pfad des Geistigen und des
Lernens und Teilens. Die Farbe, welche typischerweise assoziiert
wird ist Blau (wie die Kälte aus dem Norden) oder Weiß
(wie die Schneestürme). Dieser Weg ist sehr nach innen zentriert
und zielt auf visionäre Aktivitäten. Deshalb wird er
oft in Einsamkeit gegangen. Im Lebensrad steht diese Richtung
für den Erwachsenen, der über die bis dahin gelernten
Lektionen meditiert. Geistige Medizin kümmert sich um das
Denken und Verstehen, genauso wie um das Erlernen von Ruhe und
Zielgerichtetheit.
Die Richtung des Ostens, ist der Pfad des Spirituellen oder der
Pfad der guten Medizin. Er bringt uns wieder zurück
und schließt so den Kreis ab. Die verknüpfte Farbe
ist Rot - die Farbe des Sonnenaufganges und des Donners. Im Lebensrad
stellt diese Richtung die Reife und das Alter dar.
Geistwesen, die zur Geburt oder Wiedergeburt hierher kommen, reisen
von Galvlati, über das Atsila Galvkawetiyu in den Osten.
Von dort in den Süden, um körperlich geboren zu werden.
Dem spirituellen Pfad zu folgen heißt, ein Leben zu leben,
das von spirituellen Einflüssen geprägt ist. Das bedeutet,
die Verbundenheit allen Lebens zu verstehen, zu ehren und sich
mit dem kreativen und lebendigen Energiefluss zu verbinden, welcher
uns alle mit dem universellen Geist verbindet. Der Pfad der guten
Medizin ist eine Art seine eigenen spirituellen Sichtweisen
in Harmonie mit dem Geist selbst zu leben.
Jeder kann nur für sich selber entscheiden, wo auf dem Lebensrad
er gerade steht. So wie jedes Rad und jeder Kreis, macht dieses
viele Umdrehungen während einer Lebensspanne. Mit jedem abgeschlossenen
Umlauf um das Rad, stellen sich uns neue Aufgaben, lernen wir
neue Dinge, die dann durch die verschiedenen Phasen des Verstehens
laufen, je nachdem wie wir sie in unser Leben einbauen. So wie
das Rad sich weiterdreht, so lernen wir - und finden die Balance
in uns selbst zwischen Herz, Körper, Geist und Seele.
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